Sohland. Heute begeht Helmut Bernhard seinen 80. Geburtstag. Anstelle einer Feier gibt es ein Ehrensymposium.
Von Katja Schäfer
Es gibt drei Dinge, für die er lebt: die Astronomie, die Astronomie und die Astronomie“, sagt Peter Domschke mit einem verschmitzten Lächeln. „Er“ – das ist Dr. Helmut Bernhard, das älteste Mitglied der Sohlander Sternenfreunde. Heute feiert er seinen 80. Geburtstag. „Ich sage lieber: Ich werde zum zweiten Mal 40“, schmunzelt der Jubilar, dem man sein wahres Alter ohnehin weder ansieht noch anmerkt. „Die Astronomie ist meine Droge“, gibt er unumwunden zu. Süchtig wurde Helmut Bernhard bereits mit zwölf Jahren. Ein Vortrag über Sternschnuppenschwärme lockte den in Bautzen Aufgewachsenen damals in die Sternwarte seiner Heimatstadt. „Johannes Franz, der damalige Leiter, hat mich für die Astronomie begeistert. Er verstand es, mit jungen Menschen zu arbeiten.“
Bereits als Schüler gab Helmut Bernhard sein Wissen an Jüngere weiter. „Damals habe ich gemerkt, dass es mir liegt, zu unterrichten“, erzählt der schlanke Mann mit dem weißen Haar. Lehrer wäre er gern geworden, doch das arme Elternhaus ermöglichte nur den Besuch der Volksschule. Später lernte er bei der Reichspost. Dann musste Helmut Bernhard in den Krieg. Endlich in seine Heimat zurückgekehrt, konnte sich der junge Mann den Wunsch, zu unterrichten, doch noch erfüllen – als Neulehrer. Tagsüber stand er vor den Schülern, abends lernte er selbst und plädierte schon frühzeitig dafür, der Astronomie in der Schule einen breiten Raum zu geben.
Welch’ Triumph, als sie 1959 als obligatorisches Unterrichtsfach eingeführt wurde! Und welch’ Entsetzen, als es vor zwei Jahren hieß, dass in Sachsen die Astronomie ab 2007 in andere Fächer integriert werden soll. Seitdem kämpft Helmut Bernhard, der selbst keine Kinder hat, mit Gleichgesinnten gegen diese Pläne. Doch nicht Wut und Verbitterung klingen mit, wenn er darüber spricht, sondern Zuversicht, dass diese Entscheidung irgendwann wieder rückgängig gemacht wird. „Unsere Schüler von heute, die Produzenten von morgen, werden immer mehr in ihre Lebens- und Arbeitswelt den Weltraum einschließen. Deshalb müssen sie auf die Anforderungen gründlich vorbereitet sein“, begründet er. Helmut Bernhard, der 1966 promoviert hat und seit 1970 in Sohland wohnt, unterrichtete selbst 30 Jahre Astronomie, engagierte sich in der Weiterbildung, schrieb an Lehrbüchern mit. 40 Jahre lang war er Chefredakteur der pädagogischen Zeitschrift „Astronomie und Raumfahrt“. Und auch heute noch sind die Tage des 80-Jährigen, der 2002 den Johannes-Kepler-Preis verliehen bekam, randvoll mit Aufgaben. Jeden Vormittag sitzt er an seinem Schreibtisch. Gegenwärtig stellt er das Manuskript für die Abhandlung über den „Werdegang der Schulastronomie“ fertig. Als nächstes will er über den ersten Leiter der Bautzener Sternwarte, Johannes Franz, schreiben. Übrigens alles am Computer. Im Alter von 70 Jahren hat sich Dr. Bernhard mit dem PC vertraut gemacht. Im Sohlander Sternwartenverein ist der Rentner auf Grund seiner weitreichenden Kontakte dafür verantwortlich, Experten für Vorträge in die Lausitz zu holen. Für körperliche Ausarbeitung sorgen sein großes Grundstück sowie der Dobermann, mit dem er zweimal täglich spazieren geht.
Die Astronomie hat für den Sohlander in all den Jahren nicht an Faszination verloren. Nach wie vor beeindrucken ihn „die unvorstellbare Größe in Raum und Zeit, die riesige Anzahl von Milliarden Sternen, diese extremen physikalischen Prozesse, aber auch der philosophische Aspekt – die Frage nach der Stellung des Menschen im Weltall“.
Quelle: Sächsische Zeitung vom 24. Februar 2005; Katja Schäfer
Sohland
Der bekannte Astronom Helmut Bernhard aus Sohland, der als Vater der Schulastronomie gilt, ist tot. Er starb kurz vor seinem 85.Geburtstag. „Das ist ein großer Verlust“, bedauert Wolfgang Knobel, Leiter der Sohlander Sternwarte. Helmut Bernhard war Ehrenvorsitzender des Sternwartenvereins und hat sich sehr für die Entwicklung der Einrichtung eingesetzt. „Für Vorträge holte er namhafte Persönlichkeiten her“, würdigt Knobel.
Der Blick in den Himmel nahm Helmut Bernhard schon als Kind gefangen, und diese Leidenschaft ließ ihn nie wieder los. „Wenn man die Weite und Größe des Weltalls erahnt, werden die Probleme auf der Erde klein und nichtig“, sagte er vor wenigen Jahren in einem Porträt der Sächsischen Zeitung.
Helmut Bernhard arbeitete erst bei der Post und nach dem Krieg als Neulehrer in Bautzen. Seinen autodidaktischen Bildungsweg krönte er mit der Promotion in Astronomie-Didaktik. Er hat sich intensiv für die stärkere Beachtung der Himmelskunde im Schulunterricht eingesetzt, bis Astronomie 1959 in der DDR Pflichtfach wurde. Später kämpfte er erfolglos gegen die Abschaffung. Über 35Jahre war der Sohlander Chefredakteur der Fachzeitschrift „Astronomie und Raumfahrt“. Auch Bücher hat er geschrieben. „Helmut Bernhard wird uns fehlen“, sagt Wolfgang Knobel, der ihn 45 Jahre kannte.